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Geschichte (child)

DIE ENTSTEHUNG VON SUSHI GREEN

Als ich im Jahr 1999 den Entschluss fasste, eine Sushi-Bar in Paderborn zu eröffnen, wurde ich – abgesehen von meiner Frau – von allen verlacht, die davon erfuhren. Niemand nahm mich ernst. Ich war ein Studienabbrecher mit türkischen Wurzeln, der für viele offenbar den Verstand verloren hatte.

Aber ich verfolgte mit eisernem Willen meinen Plan von der eigenen Sushi-Bar und realisierte diesen gerade mal elf Monate später, nachdem ich zum ersten Mal in einem Supermarkt in Alaska Sushi probiert hatte.

Da ich selber kein Japaner bin und auch nicht so tun möchte, als wäre ich einer, hatte ich von Anfang nur die Chance, mit QUALITÄT zu überzeugen und das geht nur, wenn man lernt, wie ein Japaner einzukaufen. Japaner legen sehr viel Wert auf die Qualität und die Herstellung von Lebensmitteln und diese Eigenschaft wollte ich auf jeden Fall übernehmen.

Ich bin der veganen Bewegung, die von Jahr zu Jahr an Bedeutung zunimmt, dankbar, da sie mich zu den Wurzeln der Sushi-Küche zurückgeführt hat. Seit über 16 Jahren bin ich mit großer Leidenschaft in der Sushi-Gastronomie tätig und erkläre in meinen regelmäßig stattfindenden Sushi-Kursen den Teilnehmern schon ebenso lange, was SUSHI eigentlich bedeutet. Doch erst die vegane Bewegung hat mich dazu gebracht, auch für mich selber wieder das Thema SUSHI neu zu entdecken.

Von SUSHI war ich vom ersten Kontakt an fasziniert. Diese unglaublich gesunden Zutaten in Verbindung mit diesem süßen essiggesäuerten Reis sind mit keinem anderen Essen der Welt zu vergleichen. Zum Beispiel NORI, der „Jungbrunnen“ Japans, das als geröstetes Algenblatt für Makis verwendet wird und ein wichtiger Lieferant des Vitamins B12 ist.

Und GARI, der eingelegte Ingwer, der in hauchdünnen Scheiben in Branntweinessig eingelegt wird und dessen gesundheitsfördernde Wirkung auch in Europa bekannt geworden ist. Oder WASABI, der grüne Meerrettich, der äußerlich den Möhren ähnelt und eine Schale hat, die an Ananas erinnert.

Außerhalb Japans ist WASABI als Frischeprodukt kaum erhältlich, denn der Meerrettich wird nur in Japan angebaut und wäre beim Transport zu den anderen Teilen der Erde schon innerhalb kürzester Zeit kein Frischeprodukt mehr (und dennoch kaum bezahlbar). Zum Glück gibt es gute Alternativen in Pulverform, die – je nach Preislage – einen hohen Anteil am natürlichen Wirkstoff WASABI haben und mit Wasser vermischt dem Original WASABI schon sehr nahekommen. Wer mal in Japan ist, sollte aber auf jeden Fall das echte WASABI probieren.

Eine ebenfalls sehr gesunde Sushi-Zutat ist natürlich Soja, das frittiert, fermentiert oder geräuchert zum Einsatz kommt. Vor allem die fermentierten Sojabohnen namens NATTO, haben es in sich: Supergesund, aber doch eine Herausforderung für jeden Gaumen, da der Geschmack, aber auch die Konsistenz recht gewöhnungsbedürftig sind. Interessant ist dabei, dass die ersten Sushi-Rollen in Japan allesamt vegan waren und Fisch und andere Meeresfrüchte erst viel später zum Einsatz kamen.

In den ganzen letzten Jahren war meine Hauptsorge stets, ob ich auch wirklich die besten Fischsorten mit der höchsten Qualität einkaufen kann, um meinem eigenen hohen Anspruch gerecht zu werden.

Doch muss Sushi immer mit Fisch zubereitet werden? Auf keinen Fall – und zu dieser Erkenntnis bin ich erst durch die vegane Bewegung gekommen, die mich auf ganz unterschiedlichen Ebenen zum Nachdenken gebracht hat.

Natürlich gibt es ohnehin schon vegetarische und vegane Einflüsse in der Sushi-Küche, denn Natto, Avocado, Gurke, Kürbis, Shiitakepilze, Rettich, Tofu und Tamago sind ohnehin wichtige Sushi-Zutaten, aber irgendwann wird auch diese Auswahl zu eintönig.

Ich erinnerte mich daran, wie Japaner bei mir in der Sushi-Bar bestellen: Sie schätzen natürlich den rohen Fisch, aber sie wollen auch Vielfalt und Abwechslung. Zu jedem Sushi-Häppchen mit Fisch bestellen sie auch vegane Häppchen. In der Sushi-Küche sind vegane Einflüsse schon seit jeher von großer Bedeutung, aber man kann und sollte diese Richtung noch weiter verfolgen. In der optimalen Sushi-Bar gibt es daher nur Fisch, der wild gefangen wurde und zwar unter saisonaler Berücksichtigung und ökologischer Nachhaltigkeit.

Steht kein Wildfisch mit ausreichendem Bestand zur Verfügung, weicht man noch mehr zu den Sushi-Variationen mit Gemüse oder Pilzen aus. Und wie sieht die derzeitige Wirklichkeit aus? Leider ganz anders.

Nehmen wir zum Beispiel die Kalifornische Rolle oder Inside-Out-Rolle:
Sie ist auf der ganzen Welt die am häufigsten verlangte Maki-Variante. Wie der Name schon sagt, ist sie in Kalifornien entwickelt worden, um dem amerikanischen Geschmack entgegenzukommen. Die ersten traditionell japanischen Sushi-Bars in Kalifornien in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts boten nur Hoso-Makis an, also die kleinen Reisinnenrollen mit rohem Fisch oder Gemüse.

Doch diese Makis kamen nicht besonders gut an, weil das Seetangblatt (NORI) nicht so ansehnlich war und auch die Füllung der Hoso-Makis mit nur wenig Rohfisch oder Gemüse häufig als zu geschmacklos empfunden wurde. Da entwickelte ein schlauer japanischer Sushi-Koch eine Maki-Variante, die seinen amerikanischen Kunden weitaus besser gefiel. Er rollte die Makis von der anderen Seite her auf, damit das Seetangblatt innenliegend und damit versteckt war (inside out).

Der Japaner beobachtete auch, wie gern die Amerikaner Burgerbrötchen mit Sesamkörnern aßen und streute deshalb Sesam über seine Reisrollen und für den höheren Fettgehalt gab er noch Avocado und Mayonnaise zu den Zutaten hinzu. Als Fischsorte wäre dann ein roher Fisch geschmacklich völlig untergegangen und auch zu teuer gewesen, also entschied er sich für eine günstige, nichtrohe Alternative: Surimi, das imitierte Krebsfleisch. Es gibt immer noch genug Sushi-Esser, die Surimi für echtes Krebsfleisch halten, dabei ist es in Wirklichkeit ein mit Farbstoffen und Geschmacksverstärkern vollgepumptes „Frankenstein-produkt“ der Sushi-Küche. Dennoch trat die Inside-Out-Rolle mit Surimi ihren Siegeszug von Kalifornien aus durch die westliche Welt an.

Aber durch die neuen Kennzeichnungspflichten in der Gastronomie erfahren nun zunehmend mehr Gäste, was sie da eigentlich so essen, wenn sie zum Beispiel die Surimi-Maki bestellen. Seit jeher sind es vor allem auch die Anhänger der veganen Bewegung, die genau wissen wollen, welche Inhalts- und Zusatzstoffe in den einzelnen Sushi-Produkten vorhanden sind. Und dieses Hinterfragen ist genau richtig. Auch gebackener Hokkaido-Kürbis in den Makis oder als Nigiri ist ein echtes Geschmacks-Highlight und wird von meinen Gästen – egal ob vegan/vegetarisch lebend oder nicht – heiß geliebt.
Da ich viele langjährige Stammgäste habe, habe ich es immer wieder gewagt, einige „Experimente“ mit ihnen durchzuführen. So habe ich Thunfisch- und Seeaal (UNAGI)-Liebhabern einfach Rollen angeboten, die mit gebackener Roter Beete oder Austernpilzen gefüllt waren. Erst nach dem Essen dieser Rollen habe ich sie dann aufgeklärt, was sie in Wirklichkeit gegessen haben und sie konnten es kaum glauben. Das fand ich wirklich überaus interessant, denn den rohen Thunfisch oder auch den gegrillten Seeaal schmeckt man in den entsprechenden Makis mit den verschiedenen Saucen gar nicht heraus. Verwendet man die Rote Beete oder die Austernpilze mit den gleichen Saucen, kann man einen Unterschied gar nicht mehr feststellen oder lediglich den, dass die Makis so BESSER schmecken.

Ich möchte meine Gäste überzeugen, dass es zu allen Sushi-Variationen mit Fisch und Meeresfrüchten superleckere vegane Alternativen gibt. Wenn sie sich für eine Rolle mit Gemüse entscheiden, weil diese leckere ist als eine mit Fisch, dann kann ich einen wichtigen Beitrag leisten.

Für den Lachs fand ich ebenfalls ganz hervorragende Alternativen, nämlich Süßkartoffeln und Hokkaido-Kürbis, die – im Gegensatz zum „Schrottlachs“, der uns als Frischfisch serviert wird – sehr gesund, frei von jeglichen Zusatzstoffen und vor allem richtig gut schmecken.

Ich war überrascht, wie superlecker das war und auch die Farbe der gebackenen Süßkartoffel beeindruckte mich sehr: Dieses wunderbare tiefe Orange, das an den wildgefangenen Königslachs aus Alaska erinnerte. Die ersten mit gebackener Süßkartoffel gerollten Makis verteilte ich an meine Mitarbeiter und sie waren alle komplett begeistert.

Selbst überzeugte Fleischesser, die immer auf Gegenwehr gehen, wenn Fleisch (oder Fisch) durch Gemüse ersetzt werden soll, mussten einfach zugeben, dass die Süßkartoffel-Makis der „Knaller“ waren. Die Konsistenz, die Optik und der Geschmack sind einfach ein Hochgenuss.

Mit ethischen Grundsätzen allein kann man kein Essen verkaufen. Es muss in erster Linie einfach lecker und in zweiter Linie auch gesund und bekömmlich sein. All das bieten die Gemüsesorten, die unbehandelt in den Makis verarbeitet werden. Darüber hinaus ist ihre Verwendung zu 100% ökologisch vertretbar und ganz nebenbei auch noch wesentlich günstiger in der Herstellung und der Lagerung als sämtliche Fischsorten und Meeresfrüchte.

Langsam nahm die Idee einer veganen Sushi-Bar Gestalt an. Ich wusste, dass ich auf dem richtigen Weg war und ich begann jetzt, für jede tierische Sushi-Zutat einen gesunden, veganen (leckeren) Ersatz zu finden.

Für den armen Aal, der schon fast vom Aussterben bedroht ist, verwendete ich gebackene und in der Pfanne gebratene Austernpilze, die mit ihrer fleischigen Konsistenz und mit ihrem überragenden Geschmack überzeugen. Auch geräucherte Tofu- und Seitanprodukte kommen hier zum Einsatz.

Die in allen Sushi-Bars der Welt so beliebten Yakitori-Spieße zu ersetzen, war mir eine besondere Herzensangelegenheit, denn welcher Sushi-Bar-Besucher macht sich schon bewusst, welches Elend sich hinter dem harmlosen Wort YAKITORI verbirgt. Die Hähnchenspieße, die in über 90% der Sushi-Bars verkauft werden, sind Fertigprodukte aus Thailand oder einem anderen asiatischen Land. Die Tiere werden – wie auch hierzulande noch immer – in großen Mastbetrieben unter unvorstellbaren Bedingungen gehalten und mit Antibiotika „vollgestopft“, um als Billigprodukt „Hähnchenspieß“ in europäischen und nordamerikanischen Sushi-Bars angeboten zu werden. Niemand oder kaum jemand hinterfragt die Herkunft. Deshalb habe ich mich für Seitanprodukte entschieden, die geschmacklich den Hähnchen-Spießen weit überlegen sind. Unsere YAKITOFI-Spieße sind seither eine sehr leckere Alternative.

Für die vegane Sushi-Bar musste ich noch zwei wichtige Zutaten tierfrei ersetzen, die für die europäische und nordamerikanische Sushi-Küche wichtiger sind als alle anderen Zutaten, nämlich Mayonnaise und Frischkäse. Nach langer Suche fand ich die beste vegane Mayonnaise und auch den meiner Meinung nach besten veganen Frischkäse

So entstanden die leckersten veganen Sushi-Rezepte in großer Auswahl. Für traditionelle Sushi-Esser in Varianten ohne Sauce und für die Liebhaber der kalifornischen Sushi-Rollen mit Saucen.

Ein Restaurant sollte immer saisonale und regionale Produkte anbieten – im Einklang mit der Natur und den vorhandenen Ressourcen. Alles andere ist Verschwendung und Ausbeutung.
Ein guter Koch ist nicht deshalb gut, weil er hochpreisige Zutaten verarbeitet, sondern weil er aus seinen Möglichkeiten in saisonaler und regionaler Hinsicht die gesündesten und leckersten Gerichte kreiert.

Ich hoffe, dass ich mit meinen Rezepten eine Alternative anbieten kann, die den Menschen, den Tieren und unserem Planeten etwas GUTES TUN.

Hakan Albayrak

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